Die europäische Integration unter besonderer Reflexion der Paneuropa-Bewegung

Die gegenständliche Ausarbeitung soll sich aus übergeordneter Sichtweise entlang zweier Blöcke arrangieren. Einerseits besteht der Anspruch – eng an der verteilten Quelle - die Paneuropa Idee als erste politische Bewegung zur europäischen Integration zu bearbeiten. Da diese Institution äußerst eng mit der Personalie von Graf Richard Nikolaus von Coudenhove-Kalergi verbunden ist, wird eine biographische Bearbeitung dieser autokratischen Zentralgestalt als Einstieg angestrebt. Neben der biographischen Übersicht zur Person werden in diesem Bezugsrahmen die (ursprünglichen) Zielsetzungen der paneuropäischen Initiative dargelegt, wobei der (zeitliche) Kontext besondere Berücksichtigung findet. Primär gestützt auf die umfangreichen und substantiierten Arbeiten von Ziegenhofer-Prettenthaler (Ziegenhofer-Prettenthaler, Anita (2004). Botschafter Europas: Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi und die Paneuropa Bewegung in den zwanziger und dreißiger Jahren. Wien:Böhlau) werden die wesentlichen Bestrebungen vor dem zweiten Weltkrieg beleuchtet. Hierbei wird spezifischer Bezug auf die österreichische Situation, wie etwa der Stellenwert der Paneuropa-Vision, die Unterstützer (Ignaz Seipel, Karl Renner, etc.) oder der politische Zeitgeist, genommen.

Im Schatten des Nationalsozialismus und des aufziehenden Weltkrieges wurde die paneuropäische Bewegung aufgelöst und ihr geistiger Vater emigrierte über die Schweiz in die Vereinigten Staaten. Nach Rückkehr der handelnden Personen und Normalisierung der politischen Gesamtsituation konzentrierten sich die Aktivitäten Anfang der fünfziger Jahre auf die Primäraufgabe der Reorganisation der Paneuropa-Union. An dieser Stelle werden die Problemfelder der 1950er Jahre beleuchtet und die Chancen und Beiträge im Rahmen der deutsch-französischen Versöhnung beleuchtet. Insbesondere die Anlehnung der Paneuropa Bewegung - in Person von Coudenhove-Kalergi - an das Frankreich deGaulle‘s läutete eine erneute Richtungs- und Strategieänderung ein.

Ausgehend vom biografischen Querschnitt zur Paneuropa-Bewegung und der Person Coudenhove-Kalergis behandelt der zweite Hauptabschnitt meiner Ausarbeitung die gesamteuropäische Identitätsfindung. Dem zeitlichen Kontext Rechnung tragend wird hierbei aus heutiger Sicht auf die Kritikpunkte an der Paneuropa Bewegung (und Coudenhove-Kalergi) Bezug genommen. Insbesondere die (scheinbar) zeitlose Problematik der gesamteuropäischen Identität und die daran gekoppelten Schwierigkeiten rücken in den Mittelpunkt der Betrachtungen.

Der Bedeutungsumfang des Terminus Europa wird an dieser Stelle einem Kurzportrait unterstellt, indem die unterschiedlichen zeitbedingten Zustände und kollektiven Auffassungen dargelegt werden. Darin erschließt sich eine Analyse der kulturellen, geografischen, religiösen - und v.a. der ökonomischen – Dimensionen. Schon die frühen europäischen Einigungsbewegungen waren mit intensiven Vorwürfen konfrontiert, welche zwar im zeitlichen Kontext verstanden werden müssen, jedoch im Kern eine evidente zeitunmittelbare Aktualität besitzen. So waren etwa bereits die frühen europäischen Einigungsbewegungen Vorhaltungen ausgesetzt die (soziale und politische) Realität zu ignorieren. Nationalstaatliche Interessen und Interpendenzen standen und stehen exempli causa in direktem Widerspruch mit dem europäischen Einigungsgedanken. Dazu gestalten sich in meiner Ausarbeitung zwei übergeordnete und zeitungebundene Fragestellungen:
  • Wieviel Europa ist zweckmäßig und verkraftbar - Intentionen zur Struktur?
  • Wem dient das „Haus Europa“?
Der erstgenannte Punkt befasst sich mit der strukturellen Gestaltung des geeinten Europas. Wie soll sich Europa strukturell als rational anzuvisierende Form darstellen - als Bundesstaat nach Vorbild der USA, als Konföderation oder vielmehr als ein loses Staatenbündnis (Allianz). Hierzu herrschen seit den frühen Einigungsbestrebungen unterschiedliche Tendenzen vor. Kritiker weisen an dieser Stelle bei Coudenhove-Kalergi’s Paneuropa Bewegung auf die mehrmalige Veränderung der intentionierten Form hin. Während eine Fraktion (wie Coudenhove-Kalergi’s Paneuropa Bewegung) die mehrmalige Veränderung der angestrebten Form des „Hauses Europas“ als notwendige Anpassung an die jeweiligen zeitlichen Rahmenbedingungen verstanden haben wollte, argumentierten die Kritiker hingegen mit einer bloßen Anbiederung an die herrschenden Eliten und deren Standpunkte, losgelöst von sachbezogenen Kernaspekten.

An die Analyse dieser Problemfelder schließt die Fragestellung an, wem das europäische Gebilde primär nutzt und von wem es getragen werden sollte. Die Paneuropa Bewegung nahm hier etwa eine eindeutige Position ein, indem der elitäre Leitanspruch und Erziehungsauftrag als unverrückbare Grundmaxime galt. Kritische Stimmen zeigen auch hierzu ihre zeitlose Homogenität. In diesem Sinnzusammenhang bauten die Visionäre und Gestalter der europäischen Integration auf die herrschenden Eliten und nur für wenige „Denker“ stellte das Projekt Europa eine Massenbewegung dar. Das kollektiven Empfinden der Bevölkerung, dass die „europäische Gemeinschaft“ lediglich von den herrschenden elitären Kaste konstruiert wurde (um primär eine Plattform zur Durchsetzung ökonomischer Interessen zu etablieren) kann als Mitgrund der fehlenden Identifizierung erachtet werden. Naturgemäß ist der Grad der Komplexität hoch, die unterschiedlichen nationalen Interessen in Übereinstimmung zu bringen. Die europäische Gemeinschaft kann ihre Pluralität jedoch nur dann zur Entfaltung bringen, wenn es gelingt effektive Maßnahmen der kollektiven Identitätsfindung zu etablieren. Das „Projekt Europa“ als friedenserhaltendes Vehikel hat - von vielen unbemerkt - relativen Wohlstand, Sicherheit und Stabilität gebracht. Hinsichtlich der europäischen Einigung bedarf es in Zukunft aber noch einiger Veränderung, will dieses Europa nicht zunehmend als "seelenlose Hülle" wahrgenommen werden.
Schmale - 9. Feb, 15:40

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Die "abschließende" Website ist, was ihr Prinzip angeht, sehr gut gelungen, wirklich ansprechend.

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